Sprungziele
Seiteninhalt

Gartenabfälle im Wald entsorgen - Eine harmlose Angelegenheit?

Vor kurzem wurde mir die Frage gestellt, warum das Abladen von Gartenmüll im Wald ein Problem darstellt. Es handelt sich dabei um organisches Material, welches zu Humus zerfällt und dem Wald als Nährstoff zur Verfügung steht. Aus der Diskussion heraus erklärte ich mich bereit, folgende Zeilen zur Erläuterung der Problematik zu verfassen.

Neben eigentums- und formalrechtlichen Belangen stehen auch ökologische Interessen dem Entsorgen von Gartenmüll in der offenen Landschaft entgegen. Auf dem Weg der illegalen Entsorgung von Gartenmüll gelangen Gartenpflanzen aus allen Regionen der Welt in unsere Landschaft. Einige dieser Pflanzenarten können sich dauerhaft in der Landschaft etablieren und richten großen Schaden nicht nur in der Natur an. Dabei entstehen oftmals ökonomische Schäden durch die Besiedlung von Infrastrukturanlagen und forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Bei der Ausbreitung nutzen die Neuankömmlinge die üblichen Wege zu Land, zu Luft und zu Wasser, dabei werden die verschiedensten Transportmöglichkeiten erschlossen. Beispielsweise werden die Neuankömmlinge über die Verkehrswege verbreitet. Hierbei erfolgt die Ausbreitung überwiegend durch Samen. Insgesamt gibt es Deutschlandweit ca. 1.000 Pflanzenarten, die als gebietsfremd gelten und im Fachjargon auch Neophyten genannt werden. Diese Neuankömmlinge bzw. Neophyten kann man nochmals in invasive und nichtinvasiven unterteilen.

Invasive Arten haben unerwünschte Auswirkungen auf heimische Arten und deren Lebensgemeinschaften. Nichtinvasive Arten zeigen vorerst keine unerwünschten Auswirkungen, können sich aber durch Änderung bestimmter Parameter, z.B., Klimaveränderungen, zu invasiven Arten wandeln. Im vorliegenden Beitrag möchte ich mich mit den Auswirkungen der Gartenmüllentsorgung auf unsere heimische Flora beschränken und hierbei die invasiven Neuankömmlinge in den Fokus meiner Betrachtung stellen.

Im Rahmen des Gartenanbaus werden Pflanzenarten und deren Sorten aus vielen Regionen der Welt genutzt. Mit der Entsorgung des Gartenmülls in die Landschaft gelangen so Pflanzenteile, z. B. Wurzeln und Samen der Pflanzen, in die Flur. Ausgehend von dieser widerrechtlichen Form der Gartenabfallentsorgung in Feld und Flur nehmen invasive Neophyten rasend schnell größere Flächen in Besitz. Dienlich hierbei ist die Optimierung der Ausbreitungsstrategie über Wurzelausläufer. Am Rande von Ortschaften finden wir oftmals die Spuren der Entsorgung von Gartenmüll, in Form einer gebietsfremden Flora an Wegrändern. Stellvertretend und beispielhaft möchte ich hierfür einige Artengruppen und ausgewählte Vertreter vorstellen, die häufig über entsorgte Gartenabfälle in die Landschaft gelangen. Die krautigen mehrjährigen nichtheimischen Stauden-Flügelknöterich-Arten (Fallopia spec.) sind ein Beispiel für die invasive Ausbreitungsstrategie über Wurzelausläufer. Als Zierpflanze im eigenen Garten gepflanzt und in kurzer Zeit großflächig besitzeinnehmend, werden diese Staudenarten als letzte Lösung oftmals in der Landschaft entsorgt. So entsorgte Pflanzenteile des Stauden-Knöterichs wachsen sehr schnell am Verbringungsort wieder an. Innerhalb kurzer Zeit können sich so großflächige Bestände in der Landschaft bilden. Mittlerweile sind diese Staudenknöterich-Arten in Sachsen-Anhalt weit verbreitet und gehen im Wesentlichen auf die illegale Entsorgung von Gartenabfällen zurück. Für etablierte Stauden-Knöterich-Bestände gibt es trotz vieler Forschungsansätze noch keine effektiven Bekämpfungsstrategien.

Weiterhin zu den krautigen, mehrjährigen nichtheimischen Pflanzen gehören einige Goldrutenarten (Solidago spec.). Insbesondere die Kanadische Goldrute (Solidago canadensis) erfährt in der freien Landschaft eine weite Ausbreitung und wird oftmals als ausgediente Gartenpflanze in der Landschaft entsorgt. Bereits im 17. Jahrhundert wurden Goldrutenarten in Deutschland eingeführt und haben heute noch als Zierpflanzen für den Garten ihre Bedeutung. Mit Beweidungsmaßnahmen wurden partiell gute Erfolge erzielt, die Art zurückzudrängen. Auch regelmäßiges Mähen drängt die etablierten Goldruten-Bestände zurück. Durch die starke Verbreitung im Gebiet ist ein flächenhaftes Zurückdrängen nicht mehr möglich. Zu den Scheinsträuchern gehört die nichtheimische Armenische Brombeere (Rubus armeniacus). Diese Pflanzenart kam als Obstpflanze in unsere Gärten und von hier in unsere Landschaft. Als Transportweg in die Landschaft spielt neben der Vogelausbreitung die Gartenabfallentsorgung eine wesentliche Rolle. Diese Brombeerart bildet innerhalb kurzer Zeit große, bis 4m hohe undurchdringliche Hecken. Effektive Bekämpfungsstrategien gibt es kaum. Eine Möglichkeit ist die Mahd und dann das Ausgraben der Bestände, was somit mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden ist.

Drei Meter hohe Hecke der Armenischen Brombeere, die eine Gehölzanpflanzung überwuchert. Alle drei vorgestellten Pflanzenarten verdrängen durch ihr dominantes Wuchsverhalten heimische Pflanzenarten und beeinträchtigen somit auch ganze Lebensgemeinschaften, die mit unserer heimischen Flora gekoppelt sind. So kommt es heute gebietsweise zu Besiedlungen durch Neophyten, die großflächig Lebensräume in unserer Kulturlandschaft einnehmen und somit die Standorte einheimischer Pflanzenarten beanspruchen. Die negativen Auswirkungen der invasiven Ausbreitung, überwiegen gegenüber den wenigen aber vorhandenen positiven Effekten, z. B. als Brutstätte für Vögel und Nahrungsquelle bestäubender Insekten. Negativ sind hier unter anderem die ökonomischen Schäden zu bewerten, die durch erhöhte Unterhaltungsmaßnahmen, Beispielsweise dem Mähen des Bewuchses an Verkehrswegen entstehen. Hier können die dominanten Bestände der Armenischen Brombeere an Bahnlinien genannt werden. Die Staudenknötericharten erodieren Uferböschungen und beschädigen häufig Baustrukturen durch ihr Wurzelwerk. Viele weitere Pflanzenarten, die uns als Neophyten bekannt sind, besitzen für den Menschen gesundheitsschädigende Eigenschaften. Hier seien kurz die Beifußblättrige Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) und der Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) genannt. Auch das scheinbar harmlose Ausbringen von Hecken- und Gehölzschnitt kann Pilze, Bakterien und Viren verbreiten. Viele Wälder befinden sich durch die zurückliegenden Hitze- und Trockenperioden in einen gesundheitlich schlechten Zustand und haben oftmals diesen Krankheitserregern nichts entgegenzusetzen. 

Hendrik Pannach

Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe

Seite zurück Nach oben